„SCHAUT HIN“
(2021)

 

Eines der bekanntesten Evangelien ist das mit der Überschrift „die Speisung der Fünftausend“. Im Markusevangelium (Mk 6, 30-44) lesen wir:Jesus sah die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange. Gegen Abend kamen seine Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist abgelegen und es ist schon spät. Schick sie weg, damit sie in die umliegenden Gehöfte und Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen können! Er erwiderte: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten zu ihm: Sollen wir weggehen, für zweihundert Denare Brot kaufen und es ihnen zu essen geben? Er sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach! Sie sahen nach und berichteten: Fünf Brote und zwei Fische…

Wir wissen, wie das Evangelium weitergeht.Bei der Vorbereitung des Ökumenischen Kirchentages in Frankfurt/Main 2021 hat man einen Satz Jesu herausgegriffen: „Wie viele Brote habt ihr? Geht und seht nach!“ (Mk 6,38) Dieser Satz wurde auf zwei Worte gekürzt: „Schaut hin!“, und als Programmwort des Kirchentages veröffentlicht.Die Seelsorger der St. Matthias-Bruderschaften waren sich auf ihrer Konferenz im November 2019 einig, das Programmwort des Kirchentages als Leitwort für die Wallfahrt 2021 zu übernehmen. Das soll ein Zeichen dafür sein, dass die Pilgerinnen und Pilger die ökumenische Bewegung in der Kirche bejahen und bei der Wallfahrt zur Geltung bringen.

Das Leitwort SCHAUT HIN bringt uns wegen seiner Kürze etwas in Verlegenheit und klingt zunächst sehr banal, wenn man nicht das ganze Evangelium im Ohr hat. Es eignet sich aber tatsächlich auch für eine Pilgerfahrt.Es ist eine andere Übersetzung als die, die wir gewohnt sind; sie ist aber auch richtig. Jesus sagte wahrscheinlich nur zwei Worte: „Geht und seht!“ Durch den Umgang mit der Heiligen Schrift wissen die Pilgerinnen und Pilger, dass die Texte in den Evangelien nicht in erster Linie Berichte sind. Sie bringen uns eine Botschaft über das Wirken Jesu, und zwar im Hinblick auf unsere Gegenwart. Denn Jesus Christus, auferstanden aus dem Tod und erhöht zur Herrlichkeit Gottes, handelt und spricht nicht anders als damals in Galiläa. Das war der Glaube der Evangelisten, genauer gesagt: das war ihre Erfahrung. Daran sollten wir denken, wenn wir lesen oder hören, was sie uns geschrieben haben.So ist auch in diesem Evangelium eine Botschaft enthalten: Jesus beteiligt die Jünger an seinem Wirken für die Menschen. Dabei gibt es wichtige Elemente: Die Jünger sind mit dem Herzen dabei und machen sich Sorgen. Sie erwarten, dass Jesus es richtet und sagen: „Schick sie weg!“ Doch Jesus nimmt sie als Beteiligte ernst: „Gebt ihr ihnen!“ Das bringt sie in Verlegenheit. Da gibt Jesus die entscheidende Weisung: „Schaut hin!“Mit diesem Wort ist mehr gesagt, als nur der Hinweis auf die Brote, also auf eine Sache. Im Grunde geht es ja um die Menschen, wenn man am Wirken Jesu beteiligt ist. Es geht um die ganze Wirklichkeit des Lebens der Menschen. Diese Botschaft für uns steckt in dem kurzen Leitwort SCHAUT HIN!Sie gilt für die Kirche, für die Bruderschaften und die Pilgerinnen und Pilger in gleicher Weise. Zum Beispiel bei der neuen Disposition der Pfarreien ist das Schauen auf die Menschen und die Wirklichkeit der Lebensverhältnisse von größter Bedeutung. So bietet sich ein weites Feld zum Nachdenken.Noch ein Zusatz. Dieser Blick sollte in erster Linie auf das gehen, was da ist, nicht auf den Mangel. In Ägypten gab es im 2. Jh. ein Matthiasevangelium mit Worten Jesu.

Einige Sätze sind uns in Zitaten erhalten. Ein Satz lautet: Wundere dich über das, was da ist! Das ist doch ein wunderbarer Satz der Ermutigung, verbunden mit der Erinnerung an unseren Apostel.